Findelmädchen von Lilly Bernstein


Inhalt

Köln 1955: Die 15-jährige Helga und ihr Bruder Jürgen leben endlich wieder bei ihrem aus russischer Kriegsgefangenschaft heimgekehrten Vater. Von der Mutter fehlt seit Kriegsende jede Spur. Der Vater baut sich mit einem Büdchen eine neue Existenz auf, Jürgen beginnt bei Ford. Helga aber, die sich nichts sehnlicher wünscht, als aufs Gymnasium zu gehen, soll sich in der Haushaltungsschule auf ein Leben als Ehefrau vorbereiten. Während eines Praktikums im Waisenhaus muss sie entsetzt mitansehen, wie schlecht die Kinder dort behandelt werden. Schützend stellt sie sich vor ein sogenanntes »Besatzerkind«. Und sie verliebt sich. Doch die Schatten des Krieges bedrohen alles, was sie sich vom Leben erhofft hat …

Autoreninfo

Lilly Bernstein ist das Pseudonym der Kölner Journalistin und Autorin Lioba Werrelmann, deren Debütroman Hinterhaus 2020 mit dem Friedrich-Glauser-Preis ausgezeichnet wurde. Ihr letzter Roman, Trümmermädchen, war ein großer Presse- und Publikumserfolg. Mit Findelmädchen erzählt sie die Geschichte der Trümmerkinder weiter.

Meine Meinung

Ein gutes Buch weckt verschiedene Emotionen. Und dieses erweckt während des Lesens eine Menge davon.

Lilly Bernsteins Schreibstil ist detailliert, gut recherchiert und einnehmend. Sie erzählt die Geschichte von Helga und Jürgen, dem Geschwisterpaar, welches nach dem Krieg zu ihrem Vater zurückkehren. Die Jahre ohne Eltern haben sie geprägt und nun muss jeder seine Rolle und sein Platz in der neuen Zusammenstellung finden. 

Helga fand ich unglaublich empathisch. Sie hat ihre Träume, versucht diese zu erarbeiten, ist mitfühlend und loyal. Ihr Bruder Jürgen fällt die neue Situation leichter, was auch mit seinem Traumjob zusammenhängt. Ihr Vater hingegen kam mit seelischen Narben aus dem Krieg zurück. Der Wiederaufbau beginnt, jeder benötigt einen Job und muss mit den Wunden selber zurechtkommen. Meta, ihre Tante ist verbittert und böse, was es vor allem Helga nicht einfach macht. Sie sehnt sich nach Antworten über ihre Mutter, welche niemand beantworten will. Zum Glück findet Helga in Fanny, Auguste und Konradin liebevolle Menschen und Freunde.

Lilly Bernstein hat nicht nur die Hauptpersonen sondern auch all die Nebenpersonen unglaublich vielschichtig und authentisch ausgearbeitet. Als Leser verliert man wie Helga das Herz an Bärbel und ist entsetzt über die Arbeit und das Verhalten der Nonnen im Waisenhaus. Die Szenen liessen mich mehrmals schaudern und leer schlucken. Trotzdem bleibt die Autorin sehr einfühlsam. Die eingerückten Tagebucheinträge von Helgas Mutter bringen etwas mehr Licht in die Zeit während des Krieges und verhelfen dann der Familie schlussendlich auch zu einem versöhnlichen Neuanfang.

Ich mochte die Geschichte unglaublich gerne und war traurig, als sie vorbei war. Ich vergebe gerne 5 von 5 Murmeln.

Vielen Dank an den Verlag für dieses Rezensionsbuch.

Buchinfos

Einband Taschenbuch
592 Seiten
Erscheinungsdatum 28.07.2022
Verlag Ullstein Verlag
ISBN 978-3-548-06568-7
Preis Fr. 18.90

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Wie es bei mir weitergeht und Bücher im Januar

Leo Asker (1) - Stille Falle von Anders de la Motte

Bücher im September